Tobias Göckeritz als Vorsitzender beim Landvolk Mittelweser verabschiedet

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Der geschäftsführende Vorstand und der Geschäftsführer verabschiedeten Tobias Göckeritz nach 21 Jahren als Vorsitzender des Kreisverbandes. Von links nach rechts: Lüder Wessel (Dünsen), Geschäftsführer Olaf Miermeister, Vorsitzender Christoph Klomburg (Barrien), Tobias Göckeritz (Sonnenborstel), Andreas Gerling (Nordel), Hendrik Frerking (Rodewald) und Christian Lohmeyer (Bücken).

Mittelweser (ufa/tb). 100 Delegierte des Landvolks Mittelweser waren ins Gasthaus zur Post nach Neubruchhausen gekommen, um das zurückliegende Geschäftsjahr Revue passieren zu lassen und gleichzeitig Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Volker Meyer, Landtagsabgeordneter und stellvertretender Landrat im Landkreis Diepholz, sprach eingangs in seinem Grußwort von unruhigen Zeiten für die Agrarbranche. Dabei benannte er einen Schlingerkurs der Politik auf allen Ebenen, daraus resultierende Planungsunsicherheit bei den Landwirten und eine kaum mehr zu bändigende Bürokratisierung. Als besonders alarmierend stellte der CDU-Politiker eine zunehmend deutlicher werdende Diskrepanz zwischen den ländlichen und urbanen Räumen fest. Mittel fließen in die Städte – besonders wenn es um den Ausbau der Digitalisierung gehe – während man in den Dörfern oftmals in die Röhre schauen müsse. Darin verberge sich perspektivisch ein gesellschaftliches Konfliktpotential.

Auch der Landvolk-Vorsitzende Christoph Klomburg sah aktuell wenig Geigen am Himmel der hiesigen Bauern hängen, erklärte mit einem Anflug von Sarkasmus: „Der Regen reicht uns für zwei Jahre. Die Ernte und die Bestellung fürs nächste Jahr ist nervenaufreibend. Aktuell vermeldete die EU, dass die zugesagten Ausgleichszahlungen nicht pünktlich überwiesen werden können – mag sein, dass der eine oder andere von uns seine Weihnachtsgeschenke erst zu Ostern verteilen kann.“

In Sachen Wolf und Weidetierschutz forderte Christoph Klomburg die Politik endlich zum Handeln auf. Zum Thema Tierwohl: „Die renommierte Borchert-Kommission – zwischenzeitlich frustriert zurückgetreten – hat der Bundesregierung den Ball auf die Torlinie gelegt und niemand hat Anlauf genommen und ihn versenkt. Hier zeigt sich das ganze Dilemma: Alle wollen immer mehr Tierwohl, aber niemand will dafür bezahlen.“

„Wir blicken für unseren Landvolkverband sowie die angeschlossenen Dienstleistungsbereiche mit ihrem umfangreichen Portfolio – die steuerberatend tätige Contax, die Unternehmensberatung LACO sowie die Versicherungsmakler der Landvolk Service GmbH – auf ein gutes Geschäftsjahr mit positiven Bilanzergebnissen zurück“, vermeldete indes Landvolk-Geschäftsführer Olaf Miermeister. „Als Interessenvertretung für rund 4.300 Mitglieder mit knapp 160.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche im Altkreis Grafschaft Hoya sowie im Landkreis Nienburg arbeiten wir auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen für unsere gemeinsame Sache.“

Exemplarisch benannte Olaf Miermeister zwei Knackpunkte, die man auf Verbandsebene aktuell im Visier hat: Ohne ausreichende Faktenbasis haben die Landkreise Diepholz und Nienburg im vergangenen Sommer unterschiedliche Beregnungsverbote ausgesprochen, während die Landkreise im Umland keinerlei Einschränkungen anordneten. Hier dränge man die Behörden für die Zukunft eine einheitliche und deutlich realitätsnähere Vorgehensweise. Magenschmerzen bereitet dem Landvolk-Geschäftsführer außerdem die Ausweitung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Hochwertige Agrarflächen gingen verloren und die Pachtpreise explodieren, Energiegewinnung zulasten der Lebensmittelproduktion – das könne keine zukunftsweisende Lösung sein.

Nach 21-jähriger Tätigkeit als Vorsitzender des Landvolks Mittelweser schied Tobias Göckeritz nach Erreichen der satzungsgemäßen Altersgrenze aus dem Amt aus. Der Landwirt aus Sonnenborstel gilt als ebenso bodenständig wie zielstrebig und ausgesprochen fachkompetent, wie Olaf Miermeister betonte: „Du bist als Weichensteller und Ideenlieferant Motor für Projekte wie das Baugenehmigungs- und Immissionsschutzmanagement, die Banken- und Imkerrunden, Lehrerschulungen und Laienrichter-Fortbildungen, Volontärs- und Feldrundfahrten. In den Medien, in der Öffentlichkeit und auf Demos hast du dich mit all deinem Wissen lautstark zu Wort gemeldet und dich für unsere gemeinsame Sache – eine moderne, effiziente und wettbewerbsfähige Landwirtschaft – ins Zeug gelegt. Ohne dich wäre unser Verband nicht da, wo er jetzt ist.“

Arno Schoppe, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen-Warengenossenschaft Niedersachsen Mitte eG, erinnerte in seiner Laudatio auf den ausscheidenden Vorsitzenden Tobias Göckeritz an „Gespräche mit Tiefgang“. „Dein Credo ist, immer etwas mehr zu wissen, als die anderen. Du hast dich in vielen Themen einfach selbst ausgebildet und warst das deutlich hörbare Sprachrohr aller Landwirte in der Region“, sagte er. 

Wieder zur Wahl stellte sich der Landvolk-Vorsitzende Christoph Klomburg aus Barrien für seine dritte Amtszeit. Das Votum für ihn fiel mit 106 Ja-Stimmen ohne Gegenstimme eindeutig aus.

Doch gab es auch einen, zumindest temporären Wermutstropfen zu vermelden: Einen Nachfolger für Tobias Göckeritz als Vorsitzenden für die Region des Landkreises Nienburg konnte trotz intensiver Bemühungen und diverser Gespräche mit potentiellen Kandidaten nicht gefunden werden. Man wolle die Suche fortsetzen. Bis dahin werden die Geschäfte des Landvolks Mittelweser vom Vorsitzenden Christoph Klomburg und einem stellvertretenden Vorsitzenden gemeinsam geführt, was durch die Satzung des Kreisverbandes abgesichert ist.

Tobias Göckeritz selbst gab in seiner Abschiedsrede einen Abriss der 21 Jahre seit seiner Wahl im Dezember 2002. Er sagte, dass die Probleme vor 20 Jahren dieselben waren, wie heute. „Schon damals haben wir über Nährstoffbilanzen diskutiert“, stellte er mit Blick ins private Zeitungsarchiv fest. Er erinnerte an die Absetzung des damaligen Geschäftsführers, die eng mit seinem Vorsitz verknüpft ist, sowie seinen unermüdlichen Anstrengungen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit für den Berufsstand und seinen Einsatz für weniger Bürokratie. „Ich habe meine Berufswahl und die Entscheidung für das Ehrenamt keinen einzigen Tag bereut“, resümierte der 65-Jährige, der den Grundstein für seinen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb gemeinsam mit seiner Frau durch Kauf eines Resthofes selbst gelegt hat. Heute betreibt er den Betrieb mit Sauenhaltung, Ferkelaufzucht, Schweinemast, Ackerbau, Grünlandwirtschaft und Wald gemeinsam mit seiner Tochter und seinem Schwiegersohn. Renate Künast, grüne Bundeslandwirtschaftsministerin von 2001 bis 2005, soll nach seiner Aussage ein Grund für den Einstieg ins Ehrenamt gewesen sein. Seitdem habe er unzählige Politiker kennengelernt und über seinen Betrieb geführt. „Sie alle kennen lernen zu dürfen“, sagte er an die zahlreichen Berufskollegen, Mitarbeiter und Ehrengäste aus Politik, Kirche, Verwaltung und Agribusiness gewandt, „sind die eigentliche Aufwandsentschädigung für mein Ehrenamt.“ Ein großer Dank ging an seine Ehefrau und die vier Kinder, die ihm den Platz für das Ehrenamt gelassen hätten, sowie die hauptamtlichen Mitarbeiter im Kreisverband Mittelweser für die jahrelange Unterstützung.

Für 20-jähriges aktives Ehrenamt als Ortsvertrauensmänner ausgezeichnet wurden: Carsten Krumwiede (Erichshagen), Jörg Wagenfeld (Leeste), Jörg Meyer (Sudweyhe), Julius Meyer (Sudweyhe), Reinhard Schildmeyer (Darlaten), Detlef Hülsemann (Essern) und Andreas Lübkemann (Großenvörde). Dr. Heinrich Ballmann, Bezirkssprecher in Liebenau, und Wilfried Struß, Ortsvertrauensmann in Jardinghausen, schieden aus dem Ehrenamt aus.

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