Meine Meinung - Mai 2022

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Tobias Göckeritz
Tobias Göckeritz

Liebe Mitglieder,
ich wurde ermahnt, ich solle nicht immer nur „so negativ“ schreiben, als Vorsitzender müsse man auch Optimismus verbreiten. Ich muss zugeben, es fällt mir zusehends sehr schwer aus meiner Analyse der politischen und wirtschaftlichen Ereignisse überwiegend Positives für „meine“ landwirtschaftlichen familiengeführten Bauernhöfe (Definition: überwiegend – eigenes Land, eigenes Geld und eigener Hände Arbeit) zu finden. Positiv ist, dass wir freie Unternehmer sind und wenn wir unser Controlling auf der Reihe haben, dann können wir selbst rechtzeitig die Reißleine ziehen und mit unser guten Ausbildung, unserem Immobilienvermögen und unserem Fleiß ein gutes Leben führen. Was wir nicht können, ist immer erfolgreicher Bauer bleiben, wenn die Politik uns nicht lässt. Für mich als deutscher Sauenhalter war mit der Verabschiedung der Schweinehal-tungsverordnung das mittelfristige Aus besiegelt. Angekündigt mit dem Tierschutzplan von Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) am 19. April 2011. Okay, machen wir dann etwas Anderes, wenn die Bestandsfristen für die Ställe abgelaufen sind. Aktuell sieht es aber so aus, dass wir deutlich früher die Reißleine ziehen und etwas Anderes machen müssen. Damit habe ich nicht gerechnet! Am 4. Mai ist der Schweinepreis (VEZG) um 15 Cent auf 1,80 Euro/kg/SG gefallen – und das bei Grillwetter und Bundesliga. Wenn ich mit den aktuellen Futterpreisen vom 2. Mai 2022 aus der Land & Forst (44,50 Euro/dt) in mein Mastcontrolling gehe, dann komme ich bei 1,80 Euro zu einem Verlust von 42 Euro pro verkauftem Mastschwein. Als Optimist muss ich sagen: „Dann muss es die Menge bringen.“ Oder: der Schlachtschweinepreis muss im Spätsommer auf 2,37 Euro/kg steigen. Als Realist würde ich denken, jetzt müssen die Ferkelpreise runter. Als Sauenhalter hilft mir das auch nicht. Wer auf Özdemir, Haltungskennzeichnung oder gar auf die Borchert-Kommission setzt, der ist weder Optimist noch Pessimist, der ist einfach nur Träumer.
Meiner Familie und mir geht es prächtig, wir haben ein gutes Leben, Vermögen, Haus und Hof – viel besser als den sechs Menschen aus Charkiw, die wir auf unserem Hof aufgenommen haben – die haben zu Hause alles verloren. Ich bin dankbar, dass wir in Deutschland seit 77 Jahren in Frieden leben dürfen und unser Leben frei gestalten können, nur eben nicht als Schweinebauer.