Auf der Suche nach dem Erntewetter

Da kommt der nächste Regen: Die Kreisverbandsvorsitzenden Christoph Klomburg (links), Jürgen Meyer (2. v. l.) und Ralf Nolte von der RWG Niedersachsen-Mitte (rechts) erläuterten den regionalen Pressevertretern den aktuellen Stand der Feldfrüchte.
Syke (ine). Die Kulisse hätte nicht passender sein können: Zwischen Mais, Weizen und Zuckerrüben hatten Christoph Klomburg und Jürgen Meyer, die beiden Vorsitzenden des Landvolk Mittelweser, zum Pressegespräch nach Syke-Barrien eingeladen, um eine erste Erntebilanz zu ziehen. Das Positive zuerst: Die Erträge der Wintergerste seien durchschnittlich bis gut gewesen. „Die Gerste hat uns alle überrascht“, freute sich Christoph Klomburg. „Auch Kartoffeln, Rüben, Mais und das Grünland machen sich gut. Sie setzen den Regen in Ertrag um.“ Die Kartoffeln seien beregnet worden, als es trocken war, erläuterte Jürgen Meyer. „Wenn sie die Knollen ansetzen, brauchen sie Wasser. Sie sind gut durchs Loch gekommen“, urteilt er.
Anders sieht die Lage beim Getreide aus, das noch auf den Feldern steht. Als nächstes steht die Ernte von Weizen, Triticale, Roggen und Raps an. „Man ist immer in der Abwägung, wie lange man damit warten kann“, sagt Christoph Klomburg. Das aktuell unbeständige Wetter macht den Landwirtinnen und Landwirten einen deutlichen Strich durch die Rechnung: „Beim Raps werden die Schoten immer krosser und durch den Regen mürbe gemacht. Wegen der fehlenden Sonne reift der Raps nicht richtig ab.“ Auch Heiner Nolte, Prokurist und Leiter des Marktbereichs Getreide bei der Raiffeisen-Warengenossenschaft Niedersachsen-Mitte, hat festgestellt: „Bislang ist wenig gedroschen worden. Alle hoffen auf besseres Wetter.“ Was er aber auch gesehen hat: „Derzeit sind die Protein-Werte im Weizen höher als sonst.“ Allerdings seien bis dato auch erst 20 Prozent der Weizenflächen abgeerntet worden. Generell steige die Gefahr einer Qualitätsminderung durch eine Auswuchsgefahr. Das bedeutet, dass das Korn in der Ähre mit der Keimung beginnt. Da sei der Dauerregen nicht gerade förderlich. Als erste würden Triticale und Dinkel keimen, so Nolte: „Es ist deshalb zu wünschen, dass wir zehn Tage Erntewetter bekommen.“ Das würde auch Kosten bei der Trocknung sparen, die bei den aktuellen Energiepreisen etwa zehn Prozent weniger Ertrag ausmache, schätzt Christoph Klomburg. „Bei nassem Erntewetter wächst das Unkraut schnell hoch. Wenn ich dann zu viel Grün im Korntank habe, macht es das Getreide wieder feuchter“, erläuterte Jürgen Meyer. Das Ziel der Landwirtinnen und Landwirte sei es, gutes Getreide abzuliefern, erklärte Christoph Klomburg. „Wir sprechen hier aber nur über reines Futtergetreide“, unterstrich Heiner Nolte.
Das Treffen inmitten mehrerer Schläge zeigte überdies anschaulich auf, welche Konsequenzen das Verlegen von drei unterirdischen Gasleitungen auf den Flächen von Christoph Klomburg hat. Auf dem 30 Meter breiten Arbeitsstreifen sind die Bestände dünner, es fällt mehr Licht auf den Boden und das Unkraut entfaltet sich besser. In trockenen Jahren führt das zu Ertragseinbußen von 30 bis 40 Prozent, die nach einer jährlichen Entscheidung durch einen Schätzer ausgeglichen werden. „Da kann man sich ungefähr vorstellen, was es bedeutet, wenn – wie geplant - auf 75 Meter breiten Arbeitsstreifen unterirdische Stromtrassen verlegt werden, die ja auch noch Wärme abstrahlen“, wies Christoph Klomburg auf die möglichen Konsequenzen der Südlink- und Amprion-Projekte hin. Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit den nach wie vor geltenden roten Gebieten. Dort müssen die Pflanzen 20 Prozent unter ihrem tatsächlichen Bedarf gedüngt werden. „Wir sind hier im Wasserschutzgebiet und wissen genau, welchen Nährstoffbedarf unsere Pflanzen haben und wie wir unseren Boden düngen müssen, aber wir dürfen es nicht“, sagte Christoph Klomburg. Das führe zum langfristigen Auszehren des Bodens und einem Humusverlust. Der Nährstoffbericht für Niedersachsen bestätige sogar diese Unterdüngung. Auch die Tatsache, dass man pauschal Zwischenfrüchte nicht düngen dürfe, sei kontraproduktiv. Sie binden Stickstoff – und durch sie erhält man eine schnelle Bodenbedeckung, fördert zugleich die Fruchtbarkeit des Bodens und verhindert Erosion. Die Verpflichtung, 80 Prozent der Flächen über den Winter zu begrünen, sei praktisch obsolet: „Denn wir Landwirte haben schon immer Zwischenfrüchte angebaut, weil das einfach Sinn macht“, konstatierte Jürgen Meyer. Für seinen Kollegen Christoph Klomburg liegt daher auf der Hand: „Es wäre an der Zeit, die roten Gebiete aufzuheben.“