Meine Meinung - Januar 2022

Bild
Tobias Göckeritz
Tobias Göckeritz

Liebe Mitglieder,
wenn der Leiter unserer ökonomischen Beratung eher einen philosophischen Ansatz in seinem Beitrag für unsere Zeitung wählt, als konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, dann spiegelt das sehr gut die augenblickliche Lage in der deutschen Landwirtschaft wieder.
Aktuell erlösen wir für unsere Schweine weniger als deren Produktion kostet. Die Lage ist so dramatisch, dass nicht einmal mehr die laufenden Kosten für Futter und Energie durch den Erlös gedeckt werden. Wir verlieren an jedem produzierten Tier Geld. Wir zahlen Eintritt dafür, dass wir unsere Nutztiere versorgen. Nennenswerte Baugenehmigungen werden nicht mehr gestellt und die „Initiative Tierwohl“ ist vertraglich besiegelte Armut.
Meiner Meinung nach wird in dem aktuellen Koalitionsvertrag die Nutztierhaltung in Deutschland, wie durch die Vorgängerregierungen bereits eingeleitet, weiter zu Grabe getragen. Die Schweinehaltung in Deutschland hat unter diesen Bedingungen keine Zukunft – das ist sehr hart, vor allem für die nachfolgende Generation. Die Veredlung wird aus Deutschland verschwinden, insbesondere die Schweine- und Putenhaltung. Die Familienbetriebe, wie unserer, werden dem nationalen Kostendruck im europäischen und Weltmarktwettbewerb nicht standhalten. Eine Restver-
edlung wird sich auf wenige vertikale Integrationen in großgewerblicher Hand konzentrieren. Hier werden Investoren aus Lebensmitteleinzelhandel, Futtermittel- und Schlachtindustrie auftreten.
Ackerbau wird es in Deutschland noch sehr lange geben. Unsere klimatischen und natürlichen Bedingungen im Weltmaßstab sind so gut, dass wir sogar die überzogenen nationalen Auflagen und Erschwernisse teilweise kompensieren können. Die Milchviehhaltung und Rindermast werden sich länger halten, allerdings droht auf den organischen Böden die Zwangsstilllegung. Im Moment spricht durch Green Deal, GAP und „Farm to Fork“ vieles für eine Enteignung der Moorböden ohne finanziellen Ausgleich.
Ob heimische Nutztier- und Moorbauern und ihre Familien in Deutschland eine Zukunft haben, das wird von der Gesellschaft bzw. der Politik entschieden, zurzeit sieht es nicht danach aus.

Tobias Göckeritz, Vorsitzender